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GEZEITEN
Der Rhythmus unserer Gesellschaft wird definiert durch den Sonnentag. Jenen 24 Stunden, nach denen die Sonne durch die Erdrotation wieder im Zenit steht und die unser soziales Leben strukturieren. Aber für Bewohner der Küsten ist das sich wiederholende Kommen und Gehen des Wassers ebenso bedeutsam. Landzugänge werden überflutet, Schifffahrt ermöglicht, alles Leben pulsiert zwischen Ebbe und Flut. Allerdings verändert sich die Küstenlinie asynchron zur genormten Uhrzeit, der Takt der Gezeiten ist länger. Denn er wird durch die Gravitation des Mondes bestimmt und dieser hat erst nach 24 h und 50 min die Erde einmal scheinbar umrundet. Zur Rotation der Erde addiert sich der Weg des Mondes auf der seiner Umlaufbahn um die Erde. So sendet der Mond uns allen eine Botschaft: halte deine Gewohnheiten flexibel und achte auf deine Umgebung.
«MA» EIN KONZEPT VON RAUM UND ZEIT.
Mit MA beschreiben Japaner die beabsichtigte Distanz, die durch eine kurze Pause zwischen Handlungen oder durch den leeren Zwischenraum von Objekten entsteht. Eine Distanz, die jedoch nicht Trennung, sondern eine besondere Verbindung darstellt. MA kann die Stille zwischen Noten sein, die die Musik erst entstehen lässt, das kurze Verharren, das eine Handlung betont oder das Volumen, für das eine Schale geschaffen wurde. Es ist ein raumzeitliches Konzept, das sich von der westlichen, auf scheinbare Effizienz getrimmten Sicht auf Leere fundamental unterscheidet: MA ist das Dazwischen, welches Bedeutung verleiht und voll von Möglichkeiten ist.
Für viele Menschen ist es eine der erdrückendsten Zeitempfindungen: das Warten. Es passiert nichts, die gesamte Wahrnehmung ist auf das Erreichen des ersehnten Ziels fokussiert, alle anderen Eindrücke sind wie ausgeblendet. Sekunden werden zu Minuten, Minuten zu Stunden, Stunden zu Tagen. Die Uhr tickt kontinuierlich, der Mensch hingegen misst die Zeit in der Anzahl neuer Eindrücke: Erleben wir wenig Unbekanntes, schleicht die Zeit – aber sie rast, wenn wir viel erleben.
Der industrialisierte Umgang mit der Zeit ist geprägt von der Gleichförmigkeit der Zeigerdrehung. Aber zeigt diese den wirklichen Verlauf der Zeit an?
Der Name für das Herz der mechanischen Uhr ist in den meisten Sprachen mit dem Begriff „Balance“ verbunden. Nur im Deutschen heisst es Unruh und wird damit weniger nach dem technischen Prinzip, sondern nach seinem Wesen benannt: Ihr ewiges Hin und Her hemmt das kontinuierliche Abwickeln der aufgezogenen Feder und gibt dem Werk so den Takt vor. Durch ihr ausbalanciertes, harmonisches Schwingen entstehen immer gleich lange Zeitabschnitte. Mit Hilfe der Zahnräder werden diese aufsummiert und der Lauf der Zeit durch die Zeiger in den uns vertrauten Einheiten dargestellt.
Das typische Ticken einer mechanischen Uhren bekundet es: hier vergeht die Zeit nicht, sie schwingt.
Die Bewohner Mesopotamiens entwickelten vor tausenden Jahren die Berechnung des Kalenders und die Geometrie. Sie rechneten dabei im 60er-System - so konnten sie mit dem Daumen über die Einzelglieder der anderen Finger bis 12 zählen und dies mit den fünf Fingern der zweiten Hand bis zur 60 multiplizieren. Dieses System passt perfekt zu den 24 Stunden des Tages und den 360 Grad des Kreises. Die 60er–Brüche benannten die Römer dann pars minuta und pars minuta secunda.
So trotzt die 60 dem metrischen System und vereint uns mit dem Entdeckergeist vergangener Epochen.
Durch die Eigendrehung der Erde scheinen sich die Sterne am Himmel zu bewegen. Sie umkreisen den Himmelsnordpol einmal pro Tag und so kann man sie nachts als Zeitmesser nutzen. Die gedachte Linie zwischen Polarstern und Großem Wagen weist die Zeit: sobald sie sich um 15° weitergedreht hat, ist eine [Stern]Stunde vergangen.
Die meisten Menschen assoziieren mit Sternstunden einen einmaligen Moment oder eine positive Entwicklung. Ist es nicht traumhaft, dass sich dies Nacht für Nacht wiederholt?
Schichtarbeiter und Langschläfer kennen dieses Grauen: morgens, wenn der Körper nach Schlaf ruft und alle Fasern sich gegen das Wachsein sträuben. Sie verfluchen diese Zeit der Morgendämmerung, in der der Himmel blau, rot oder golden leuchtet. Doch der Begriff ist nicht vom mittelhochdeutschen «grûwen» (Entsetzen erleben) abgeleitet, sondern von «grāwen» (grau werden). Denn den wahren Anbeginn des Tages markiert ein scheues Grau, nur sichtbar bei unbedecktem Himmel – für Frühaufsteher die schönste Stimmung des Tages.
Die blaue Stunde taucht alles in ein ganz besonderes Licht – nicht nur zur Inspiration von Fotografen, Künstlern und Literaten. Ihren Namen verdankt sie der intensiven Himmelsfärbung: Das blaue Lichtspektrum dominiert, da das Sonnenlicht schräg in die Ozonschicht einfällt. Die blaue Stunde beginnt mit dem Sonnenuntergang, ihre Länge jedoch hängt ab von Breitengrad und Datum. Zum Sommerbeginn am 21. Juni sind es in Basel 40, in Hamburg 54 Minuten – eine Zeitspanne muss also keine 60 Minuten dauern, damit wir sie Stunde nennen.
Dass sich der Sekundenzeiger von mechanischen Uhren fliessend durch die Minuterie bewegt, ist eine Illusion: Bei der «Schleichenden Sekunde» vollführt der Zeiger kaum wahrnehmbare Schritte, definiert durch die Anzahl Halbschwingungen der Gangreglung. Je nach Werk sind es sechs bis zehn Teilschritte – immer mit einer winzigen Pause dazwischen.
Ist ein Augenblick die Zeit zwischen zwei Lidschlägen – vier, fünf, sechs Sekunden? Oder ist er die Zeit, die der Lichtstrahl braucht, um auf unserer Netzhaut das Sehen auszulösen – Bruchteile einer Sekunde? Oder ist es die Zeit, bis wir unseren Blick abwenden?
In einem Augenblick können wir uns verlieren, uns verlieben oder verweilen. Augenblicke sind kein Mass für die Zeit, sondern eine Einheit voller persönlicher Bedeutung.
Seit Jahrtausenden versuchen die Menschen, Tageslänge, Mondumlauf und Sonnenjahr in Einklang zu bringen und so den Jahreslauf für Landwirtschaft, Wanderbewegungen oder religiöse Rituale zu strukturieren.
Der Gregorianische Kalender bildet das Sonnenjahr ab, berücksichtigt aber z. B. das mondabhängige Datum des Osterfestes. Er wird als Referenz weltweit genutzt, wohl auch da er erst in über 3000 Jahren um einen Tag abweichen wird. Der Kalender der muslimischen Welt hingegen orientiert sich konsequent am Mond, daher wandert der Anfang des Monats Ramadan in etwa 33 Jahren einmal durch das Sonnenjahr. Andere Kulturen kennen zusätzliche Rhythmen; so nutzten die Maya eine 52jährige Zählung für ihre Geschichtsaufzeichnung und der chinesische Kalender verdeutlicht mit seinem 60er Zyklus den wiederkehrenden Charakter der Zeit.
So logisch er uns auch erscheint, ein Kalender ist immer auch ein Abbild der Kultur in der er entsteht.